Wegen des tödlichen Bahnunglücks von Santiago de Compostela hat ein spanischer Richter ein Verfahren gegen den Präsidenten des Schienennetzbetreiber Adif und dessen Vorgänger eröffnet. Gonzalo Ferre muss am 10. Oktober vor Gericht erscheinen, wie Richter Luis Alaez am Dienstag entschied. Die beiden vorherigen Adif-Präsidenten sollen am 11. Dezember vor den Richter treten.
Die drei Männer gehören zu einer Gruppe von insgesamt 30 derzeitigen und früheren leitenden Adif-Mitarbeitern, denen “schwer wiegende Untätigkeit” in Bezug auf die Sicherheit des Bahnverkehrs vorgeworfen wird. Sowohl Ferre als auch seine Vorgänger hätten eine Situation gebilligt, in der “Menschenleben ernsthaft gefährdet” worden seien, erklärte Alaez. Er kritisierte insbesondere, dass die Unglücksstrecke nicht mit einem automatischen System zur Geschwindigkeitskontrolle namens ERTMS ausgerüstet war. Dies sei “ein offensichtlicher Sicherheitsmangel auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke”. ERTMS kann Züge automatisch bremsen, falls sie zu schnell unterwegs sind.
Bei dem Unglück am 24. Juli war ein Zug mit 179 Stundenkilometern in eine Kurve gerast – er war damit mehr als doppelt so schnell wie erlaubt. Der Zug entgleiste wenige Kilometer vor der Stadt Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens. 79 Menschen starben und 178 weitere wurden verletzt. Der Lokführer versuchte noch zu bremsen, konnte die Katastrophe aber nicht mehr verhindern. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet.