Führende deutsche Klimaforscher haben davor gewarnt, den Klimawandel in Frage zu stellen. Auch die zuletzt viel diskutierte mehrjährige “Pause” bei der Erwärmung der Atmosphäre sei keine Trendwende, betonten die Experten am Montag zum Auftakt eines Extremwetterkongresses in Hamburg. “Es ist sehr plausibel, dass sich hinter der aktuellen Stagnation der globalen Temperatur weiterhin eine Erwärmung des Gesamtsystems bestehend aus Atmosphäre und Ozean vollzieht” erklärte der Vizepräsident des Deutschen Wetterdiensts (DWD), Paul Becker.
Eine viel beachtete Studie US-amerikanischer Wissenschaftler hatte vor vier Monaten ergeben, dass die bodennahe Lufttemperatur zwischen 2000 und 2009 nicht nennenswert gestiegen war. Dies rief Klimawandelskeptiker auf den Plan. Experten hatten allerdings von Anfang an darauf verwiesen, dass sich das Ergebnis unter anderem durch das Zusammenspiel von Atmosphäre und Ozeanen erklären lasse – etwa durch eine zeitweise Abkühlung des pazifischen Meeresoberfläche durch Strömungsschwankungen.
Diese Argumentation halten auch die in Hamburg versammelten Forscher für überzeugend. Im Pazifik sein in den vergangenen Jahren durch sogenannte La-Niña-Ereignisse ausreichend kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche transportiert worden, um das Ergebnis zu erklären, betonte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung.
Zudem habe sich der südliche Ozean abgekühlt, erklärte der renommierte Fachmann am Montag weiter. “Spannend” werde es, wenn das entgegengesetzte El-Niño-Ereignis auftrete, das den Pazifik erwärmen werde. Nach dem letzten großen El-Niño-Phänomen 1998 habe sich die globale Temperatur deutlich erhöht.
Weltweit zeigten sich inzwischen zahlreiche Veränderungen durch steigenden Temperaturen, teilten die Teilnehmer des Kongresses mit. Sie verwiesen unter anderem auf massive Schmelzprozesse an Nord- und Südpol. In Grönland gingen jedes Jahr 100 bis 350 Milliarden Tonnen Eis verloren, in der Antarktis 71 Milliarden.
Deutschland sei in Folge der klimatischen Veränderungen häufiger von starken Hochwassern betroffen, erklärte Peter Höppe vom Münchner Rückversicherer Munich Re. “Hochwasserereignisse in Deutschland und Zentraleuropa sind seit 1980 um den Faktor zwei häufiger geworden.” Allein die Flutkatastrophe an Donau und Elbe in diesem Sommer habe nach Angaben seines Unternehmens zwölf Milliarden Euro Schaden angerichtet. Anscheinend würden derartige Wetterlagen häufiger.
In Stockholm berät in dieser Woche der Weltklimarat IPCC abschließend über den ersten Teil seines fünften sogenannten Sachstandsberichts. Nach einem der Nachrichtenagentur AFP vorab vorliegenden Entwurf gehen die Experten der 195 Mitgliedstaaten dabei offenbar davon aus, dass die Gefahren der Klimawandels keineswegs geringer geworden sind. Die IPCC-Berichte fassen das weltweite Wissen über die Veränderungen zusammen und sind die wichtigste Grundlage für internationale Verhandlungen.