Ein mordverdächtiger griechischer Neonazi ist offiziell wegen vorsätzlicher Tötung eines linksgerichteten Musikers angeklagt worden. Nach Justizangaben bleibt er weiter in Haft und muss sich außerdem wegen illegalen Besitzes einer Waffe verantworten. Während der dreistündigen Gerichtsanhörung in der Hafenstadt Piräus bei Athen gingen etwa 2000 Antifaschisten aus Solidarität mit dem Todesopfer auf die Straße.
Der 45-jährige Giorgos Roupakias, der unter Polizeischutz am Gericht eintraf, gab die Tat vor dem Untersuchungsrichter zu, berief sich aber auf Notwehr. Nach Polizeiangaben hatte er bereits vorher gestanden, in der Nacht zum Mittwoch in Keratsini, einem Arbeiterviertel bei Athen, den 34-jährigen Rapper Pavlos Fyssos erstochen zu haben. Den Angaben zufolge soll er auch zugegeben haben, Mitglied der Neonazipartei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) zu sein.
Fyssos, der bei Konzerten unter dem Rapper-Namen Killah P auftrat, war für seine kritischen und antifaschistischen Songs bekannt. Der Polizei zufolge deutete er noch auf seinen Mörder, bevor er starb.
Mitglieder der Chrysi Avgi hatten in der Vergangenheit zahlreiche Angriffe auf Einwanderer, Politiker und linksgerichtete Aktivisten verübt. Bisher blieb die rechtsextreme Partei jedoch strafrechtlich weitgehend unbehelligt. Der Mord an dem Musiker sorgte im In- und Ausland allerdings für große Empörung und zwang die Behörden zum Handeln.
Am Freitag ordnete der Minister für Öffentliche Ordnung und Bürgerschutz, Nikos Dendias, an, dass künftig alle Ermittlungen zu Gewalttaten, hinter denen die Neonazi-Partei stehen soll, von den Antiterror-Diensten übernommen werden. Außerdem soll bis auf weiteres den Chrysi-Avgi-Abgeordneten sowie den örtlichen Parteibüros der Polizeischutz entzogen werden.
Am Donnerstag sandte Dendias’ Ministerium der Staatsanwaltschaft am Obersten Gericht rund 30 Dossiers zu mutmaßlichen Gewaltakten von Chrysi-Avgi-Mitgliedern zu, um die Ermittlungen zu beschleunigen. In der Zeitung “Ethnos” beschrieb ein anonymer ehemaliger Aktivist der Neonazipartei, wie Chrysi Avgi mit Hilfe von “Überfallmilizen” Angriffe auf Immigranten organisiere.
Chrysi Avgi war bei der Parlamentswahl im Sommer 2012 auf knapp sieben Prozent der Stimmen gekommen und stellt 18 von insgesamt 300 Abgeordneten im Parlament. Die rechtsextreme Partei profitiert weiterhin stark von der anhaltenden Krise und Massenarbeitslosigkeit in Griechenland.
Wären jetzt Parlamentswahlen, käme Chrysi Avgi Umfragen zufolge auf 13 Prozent der Stimmen und wäre damit drittstärkste Kraft nach der konservativen Nea Dimokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras und der Linksallianz Syriza.